Altersarmut in Deutschland: Zahlen, Fakten und Analyse
Es ist ein leider bekanntes Bild: Rentner ziehen durch die Straße, um im Müll nach Pfandflaschen zu suchen. Wie kann dies sein? Hat ein reicher Staat wie Deutschland nicht genügend Geld, um seine Rentner vor Altersarmut zu bewahren? Die Zahlen belegen, dass die Altersarmut in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten stetig hoch war.
Die flaschensammelnden Rentner sind im Hinblick auf die Altersarmut nur eine Momentaufnahme. Betroffen sind nicht nur aktuellen Rentner. Im Gegenteil, der arbeitenden Generation wird es mit Blick auf die spätere Rente schwarz vor Augen. Für viele fleißige Bürger ist die Altersarmut vorprogrammiert, ja sogar unumgänglich. In diesem Beitrag wollen wir den Begriff Altersarmut mit Zahlen füttern.
Was ist Altersarmut?
Altersarmut ist die finanzielle Benachteiligung und Unsicherheit, die im Alter entstehen kann, wenn Renteneinkommen und sonstige finanzielle Ressourcen nicht ausreichen, um einen angemessenen Lebensstandard zu sichern.
Statistisch spricht man von Altersarmut, wenn ein Rentner weniger als 60 Prozent des sogenannten Medianeinkommens zur Verfügung haben. Das Medianeinkommen ist etwas präziser als das Durchschnittseinkommen: 50 Prozent verdienen mehr und 50 Prozent verdienen weniger als das Medianeinkommen. Die gleiche Definition nutzt das Statistische Bundesamt übrigens auch für allgemeine Armut.
Im Jahr 2021 wurde der 60 Prozent-Wert für eine alleinstehende Person auf 1.145 Euro im Monat beziffert. Interessant wird es nun, wenn man diesen Schwellenwert ins Verhältnis zu den gezahlten Renten setzt. Die Durchschnittsrente der Männer in Deutschland beträgt 1.227 Euro, die der Frauen 807 Euro. Allein dieser Vergleich zeigt, dass die Altersarmut in Deutschland allgegenwärtig ist. Ganze 60 Prozent aller Rentner in Deutschland erhalten monatlich eine Rente von unter 900 Euro und sind somit faktisch arm.
Dem statistischen Bundesamt zufolge gelten in Deutschland 3,4 Millionen der über 65-Jährigen als armutsgefährdet. Bereits jeder Fünfte der Rentner lebt unterhalb der Armutsschwelle und ist auf zusätzliche Sozialleistungen vom Staat angewiesen.
Wie viele Rentner in Deutschland leben in Armut?
Das Statistische Bundesamt hat die Altersarmut-Gefährdungsgrenze für Frauen über 65 Jahre mit 20,3 Prozent angegeben, für Männer mit 15,9 Prozent. Bei der Personengruppe über 75 Jahre steigt der Anteil bei den Frauen auf 20,7 Prozent, sinkt jedoch bei den Männern auf eine Quote von 14,2 Prozent.
Die Gründe für die Altersarmut in Deutschland
Die Gründe für die Altersarmut in Deutschland sind vielschichtig. Es spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Der wichtigste Punkt ist und bleibt aber das deutsche Rentensystem, welches im Vergleich (LINK) zu anderen europäischen Staaten auf einem sehr schlechten Niveau ist. Aufgrund der demografischen Entwicklung hat sich das Verhältnis der arbeitenden Bevölkerung zu den Rentnern in den letzten Jahren verschoben und tut es immer weiter. Die Einnahmen in der Rentenkasse reichen nicht mehr aus, um die Pension in voller Höhe auszuholen. Der Staat muss mit Steuergeldern nachschießen: 2023 waren es unglaubliche 112 Milliarden Euro, die aus Steuern in die Rentenkasse fließen mussten, damit das Rentensystem noch ächzend laufen kann.
Verbunden war die Entwicklung in den zurückliegenden Jahren mit mehreren Rentenreformen, die allesamt höchstens nur Kosmetik waren und nie zu einer Verbesserung der finanziellen Situation der Rentner beigetragen haben. Im Gegenteil, das Problem der Altersarmut wurde mit den Rentenanpassungen immer weiter verschärft.
Deutschlands niedriges Rentenniveau im Vergleich zu anderen Ländern
Das Rentenniveau in Deutschland ist im Vergleich zu anderen europäischen Staaten extrem niedrig. Die sogenannte Nettoersatzquote in Deutschland beträgt lediglich 52,9 Prozent. Dies beudeutet, dass die deutschen Rentner nur 52,9 Prozent ihres letzten Lohnes als Rente erhalten. Deutschland steht damit im Ranking der europäischen Staaten auf einem der letzten Plätze. In nur wenigen anderen Staaten erhalten die Rentner vergleichsweise noch weniger Geld. Folgend sehen Sie die Top-10 Länder Europas hinsichtlich der Nettoersatzquoten:
Platzierung | Land | Nettoersatzquote (in Prozent) |
1. | Türkei | 103,3 % |
2. | Ungarn | 94 % |
3. | Portugal | 90,3 % |
4. | Niederlande | 89,2 % |
5. | Luxemburg | 88,7 % |
6. | Österreich | 87,1 % |
7. | Dänemark | 84 % |
8. | Griechenland | 83,6 % |
9. | Italien | 81,7 % |
10. | Spanien | 80,3 % |
Verheerend geringer Anteil der Deutschen mit Wohneigentum
Ein weiterer wesentlicher Punkt, der zur Altersarmut in Deutschland beiträgt, ist das nicht vorhandene Wohneigentum. Immobilienbesitz kann in der Bundesrepublik noch immer als Luxus angesehen werden. Über die Hälfte aller Deutschen wohnt zur Miete. Die monatliche Belastung ist ein wesentlicher Punkt, der zur Altersarmut beiträgt.
Schaut man auf die Baurichtlinien und das Baugeschehen in Deutschland, wird sich an der Situation über Jahrzehnte nichts ändern. Die Bundesregierung erschwert mit ihren Vorschriften zum Bau den Erwerb bzw. die Schaffung von eigenem Wohnraum. Laut offizieller Statistik wohnen derzeit 49,5 Prozent aller Deutschen in den eigenen vier Wänden. Aus der Statistik geht nicht hervor, wie viele Immobilien davon mit Krediten belastet sind.
In anderen Ländern Europas wird das Wohneigentum indes von Generation zu Generation vererbt, sodass sehr hohe Eigentumsquoten gegeben sind. Es gibt Länder, in denen nur sehr wenige Menschen zur Miete wohnen. Die Top-10-Liste in Bezug auf Wohneigentum in Europa sieht folgendermaßen aus:
Platzierung | Land | Wohneigentümerquote in % |
1. | Albanien | 96,3 % |
2. | Rumänien | 95,3 % |
3. | Slowakei | 92,3 % |
4. | Kroatien | 91,7 % |
5. | Ungarn | 90,5 % |
6. | Montenegro | 90,2 % |
7. | Litauen | 89 % |
8. | Polen | 86,8 % |
9. | Serbien | 86 % |
10. | Nordmazedonien | 85,5 % |
Entwicklung der Altersarmut in Deutschland
Wer sich die Entwicklung der Altersarmut in Deutschland seit den 90er Jahren anschaut, sieht in der Statistik fast eine gerade Linie. Es hat sich in den zurückliegenden gut drei Jahrzehnten nichts geändert. Fast jeder fünfte Rentner in Deutschland ist von Armut bedroht. Eine Ausnahme gibt es aber. In Deutschland ist der Prozentsatz des Altersarmutsrisikos von rund 40 Prozent auf den allgemeinen Bundesdurchschnitt gesunken.
Als besonders gefährdet gelten Witwen. Ist der Ehemann (mit einer guten Rente) gestorben, kann das Minus durch die kleinen Witwenrenten nicht kompensiert werden. Es droht Verarmung. Als Risikogruppen für die Altersarmut werden zudem Langzeitarbeitslose, Geringverdiener, Menschen ohne Berufsausbildung oder mit Migrationshintergrund angesehen.
Was kann gegen Altersarmut unternommen werden?
Die Zahl der erwerbstätigen Rentner hat sich seit der Jahrtausendwende fast verdreifacht. Die Entwicklung belegt, dass immer mehr alte Menschen zum Arbeiten gezwungen sind. Ein wohlverdienter Ruhestand sieht sicherlich anders aus.
Die Bundesregierung hat im Mai zur Altersarmut ausgeführt, dass man diese mit Präventivmaßnahmen bekämpfen wolle, beispielsweise mit einer weiteren Erhöhung des Mindestlohnes sowie durch die geplante Pflicht zur Altersvorsorge für neue Selbständige. Des Weiteren weist die Regierung etwas lapidar darauf hin, dass die alten Menschen, die ihren Lebensunterhalt nicht aus der Rente heraus bestreiten können, durch die Grundsicherung geschützt sind. Gleichzeitig fällt in vielen Fällen das Bürgergeld höher als Rentenzahlungen aus – im verlinkten Beitrag gehen wir detailliert darauf ein.
Etwas makaber ist sicherlich, dass die Malteser, wohlgemerkt ein nützlicher sozialer Hilfsverein, im Kampf gegen die Altersarmut den Gang zur Suppenküche, Tafel oder Kleiderkammer anführen.
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Fazit
Die Bundesregierung betont in ihren Stellungnahmen zur Altersarmut immer wieder, dass die hiesige Armut nicht mit einer faktischen Armut in einem Entwicklungsland vergleichbar sei. Selbst „arme Rentner“ hätten – so die Sprechweise der Regierung – genügend Geld zum Leben. Sie müssten keine Hungersnot leiden und hätten auch ein Dach über dem Kopf.
Eine solche Denkweise ist für viele Rentner und Rentnerinnen nach einem harten Arbeitsleben Hohn und Spott. Es kann nicht sein, dass es in einem reichen Land wie Deutschland Altersarmut gibt. Es gibt genügend Mittel und Wege, die Altersarmut zu bekämpfen, beispielsweise durch eine steuerfinanzierte Grundrente. Genügend Geld hat der deutsche Staat. Er müsste nur an anderer Stelle Kürzungen vornehmen. Allein durch die Steuerverschwendung Deutschlands gehen der Bundesrepublik jährlich Milliarden verloren.
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