Arzneimittelversorgung ohne Apotheker vor Ort: Lauterbachs umstrittene Reformpläne
Deutschlands Patienten müssen sich beim Besorgen von Medikamenten wohlmöglich bald umgewöhnen. Die geplante Apothekenreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sieht vor, dass Filialapotheken auch ohne die durchgängige Präsenz eines Apothekers geöffnet bleiben dürfen. Stattdessen könnten pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA) die Betreuung übernehmen.
Die Reform im Detail
Lauterbachs Ziel ist es, die Arzneimittelversorgung auch in ländlichen Regionen sicherzustellen. Der SPD-Politiker will sein Gesetz gegen die Widerstände der Apothekerschaft am 17. Juli durch das Bundeskabinett bringen. Bei einem Besuch in einer Apotheke im brandenburgischen Teltow stellte er seine Pläne vor. Dabei betonte er, dass Apotheken künftig auch dann öffnen dürfen, wenn nur ein Apotheker in einer anderen Filiale für eine telepharmazeutische Beratung zur Verfügung steht. „Erfahrene pharmazeutisch-technische Assistenten können in diesem Fall die Arzneimittelversorgung vor Ort übernehmen“, so das Gesundheitsministerium.
Komplexe Herstellungsprozesse und die Abgabe von Betäubungsmitteln sollen jedoch weiterhin die Anwesenheit eines Apothekers erfordern. Zudem muss die Apothekenleitung mindestens acht Stunden pro Woche persönlich in der Apotheke anwesend sein.
Die Reaktionen
Der Teltower Apotheker Mike Beyer und die Präsidentin des Apothekerverbands ABDA, Gabriele Regina Overwiening, äußerten bei Lauterbachs Besuch ihren Unmut. Beyer warnte vor Leistungseinschnitten für die Versicherten und zu wenig Geld für die Apotheker. Overwiening betonte, dass die persönliche Anwesenheit des Apothekers das Kernelement des Berufsstandes sei und nicht aufgegeben werden dürfe. Studien zeigten, dass die Menschen ihre Medikamente mit mehr Einnahmetreue nähmen, wenn sie persönlich beraten würden.
Die Argumente der Regierung
Lauterbach stellte die Reform als notwendig dar, um ein „großes Apothekensterben auf dem Land“ zu verhindern. „Wir versuchen, durch Filialapotheken und Telepharmazie diese Versorgung zu erhalten“, sagte er. Auch künftig müssten Apotheken durch Apotheker geleitet werden, jedoch müsse nicht zu jedem Zeitpunkt ein Apotheker vor Ort sein. „Sie haben entweder im ländlichen Raum gar keine Apotheke und den Versandhandel oder eine Tochterapotheke, wo an ein oder zwei Tagen der Apotheker vor Ort ist“, so Lauterbach.
Finanzielle Anpassungen
Weitere Teile des geplanten Gesetzes sollen Apothekern etwas mehr Geld bringen. So soll der Notdienstzuschlag von 21 auf 28 Cent pro Arzneimittelpackung erhöht werden, was rund 50 Millionen Euro jährlich kosten würde. Die Vergütung für jeden erbrachten Notdienst soll um rund 30 Prozent auf 550 Euro steigen.
Bekannt wurde zudem, dass Pharmaunternehmen künftig unter bestimmten Bedingungen mit den gesetzlichen Krankenkassen Geheimpreise für patentgeschützte Medikamente aushandeln dürfen. Diese Geheimhaltung würde zu einem zwingenden Abschlag von neun Prozent führen.
Fazit
Die geplante Reform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach stößt auf heftige Kritik seitens der Apotheker. Während die Regierung die Maßnahmen als notwendig zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung, insbesondere in ländlichen Regionen, darstellt, warnen Apotheker vor Qualitätseinbußen und finanziellen Nachteilen. Es bleibt abzuwarten, ob Lauterbach seine Reformpläne wie vorgesehen am 17. Juli durch das Bundeskabinett bringen kann.
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