Debatte um „Pandemie der Ungeimpften“: Spahn sieht kein Fehlverhalten
Die Diskussion um die Äußerungen des ehemaligen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn zur „Pandemie der Ungeimpften“ hat durch die Veröffentlichung ungeschwärzter Protokolle des COVID-19-Krisenstabs im Robert Koch-Institut (RKI) neuen Auftrieb erhalten. Diese sogenannten RKI-Files, die am 23. Juli 2024 von einem Insider an bekannte Corona-Maßnahmenkritiker geleakt wurden, werfen ein neues Licht auf die damaligen Entscheidungen und Kommunikationsstrategien.
Spahns Verteidigung und die Kritik
Jens Spahn verteidigte seine Formulierung aus der Corona-Zeit und betonte, dass die Aussage, „90 bis 95 Prozent der COVID-19-Patienten auf Intensivstationen nicht geimpft“ gewesen seien, korrekt gewesen sei. Diese Einschätzung habe sich auf die Daten des RKI gestützt. Spahn argumentierte, dass die Situation das Gesundheitssystem zu überfordern drohte und es daher notwendig gewesen sei, die Bevölkerung zur Teilnahme an der Corona-Schutzimpfung zu motivieren.
Die veröffentlichten Protokolle zeigen jedoch, dass es innerhalb des RKI erhebliche Bedenken bezüglich dieses Narrativs gab. So wurde am 5. November 2021 festgehalten, dass die Einschätzung „aus fachlicher Sicht nicht korrekt“ sei und die Gesamtbevölkerung zur Pandemie beitrage. Dennoch wurde entschieden, diese Korrektur nicht öffentlich zu machen, da der Minister diese Darstellung bei jeder Pressekonferenz wiederholte.
Stigmatisierung und Eskalation der Rhetorik
Die Rhetorik der „Pandemie der Ungeimpften“ führte zu einer zunehmenden Stigmatisierung der ungeimpften Bevölkerung. Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery sprach sogar von einer „Tyrannei der Ungeimpften“ und behauptete, diese hielten das Land „in Geiselhaft“. Diese Aussagen führten zu Forderungen nach weitreichendem Ausschluss Ungeimpfter aus dem öffentlichen Leben, wie es auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach unterstützte.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow zeigte sich gegenüber dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) unverständig über die aktuelle Debatte und betonte, dass es um eine faire und wissenschaftliche Aufarbeitung der Pandemie gehen müsse. Er kritisierte, dass vieles damals nicht gewusst wurde und die Entscheidungen aus der damaligen Perspektive betrachtet werden müssten.
Politische und gesellschaftliche Reaktionen
Der gesundheitspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stephan Pilsinger, räumte ein, dass es „wohl keine“ Pandemie der Ungeimpften gegeben habe und einige Maßnahmen „aus heutiger Sicht überzogen“ erschienen. Andrew Ullman, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, bezeichnete die „Pandemie der Ungeimpften“ als „unnötigen politischen Kampfbegriff“, der nichts mit der wissenschaftlichen Realität zu tun gehabt habe.
Publizist Hans-Ulrich Jörges erklärte auf „WELT TV“, dass die Ungeimpften durch die Veröffentlichung der RKI-Files rehabilitiert worden seien und forderte eine öffentliche Entschuldigung von denjenigen, die das Narrativ der „Pandemie der Ungeimpften“ verbreitet hätten. Er kritisierte die tiefgreifenden Eingriffe in die Freiheitsrechte während der Corona-Zeit und betonte, dass dies nie für möglich gehalten worden sei.
Die Debatte um die „Pandemie der Ungeimpften“ zeigt eindrücklich, wie politisch und gesellschaftlich aufgeladene Begriffe zur Polarisierung und Stigmatisierung führen können. Es bleibt abzuwarten, welche Konsequenzen aus den neuen Erkenntnissen gezogen werden und wie zukünftige Pandemien kommuniziert und gemanagt werden.
- Kettner Edelmetalle News
- Finanzen
- Wirtschaft
- Politik