Die CSU und das grüne Dilemma: Ein Kommentar
In der CSU brodelt es: Parteichef Markus Söder und der Europaabgeordnete Manfred Weber liegen im Clinch über potenzielle Koalitionen. Die strategische Frage, wie die Partei in Zukunft mit den Grünen umgehen sollte, bleibt auch nach dem Parteitag offen.
Interne Rivalitäten und strategische Fragen
In der CSU werden, wie in jeder Partei, interne Rivalitäten besonders lustvoll ausgetragen. Dies erklärt das Getöse um mögliche schwarz-grüne Koalitionen zwischen Markus Söder und Manfred Weber – allerdings nur zum Teil. Diesmal steckt eine strategisch wirklich schwierige Frage dahinter. Kurioserweise haben beide Recht: Söder vor der Wahl, Weber und der gleich argumentierende CDU-Chef Friedrich Merz danach.
Schwarz-Grün? Söder hat die Stimmung richtig erfasst
Aktuell würde es der Union schaden, die Tür zu den Grünen auch nur einen Spalt offen zu lassen. Die Stimmung im Land hat sich gedreht, viel am aktuellen Ampel-Zorn wird an den Grünen und ihrem Habeck-Baerbock-Personal festgemacht. Die Prioritäten der Menschen haben sich geändert, die Reihenfolge ihrer Sorgen. Die Grünen haben das, besonders beim Thema Migration, zu spät verstanden, manche sogar gar nicht. Die Union hat gerade erst unter größeren Anstrengungen und mit einem Chef-Wechsel klarmachen können, dass sie aus den schweren Fehlern der Merkel-Zeit gelernt hat. Noch glauben ihr das nicht alle Wähler, denen eine harte Linie wichtig ist. Ein Signal, notfalls nach der nächsten Wahl mit den Grünen weiterzuwursteln und dann schon irgendwie Kompromisse zu finden, könnte skeptische Wähler verstören. Söder hat diese Stimmung richtig erfasst. Vielleicht ist das ein Grund dafür, warum die Union in Umfragen nicht viel stärker dasteht als bei mittelprächtigen 31, 32 Prozent.
Die Anti-Grün-Strategie birgt Risiken
Wo Weber Recht hat: Strategisch stellt sich die Union damit eine Falle für kommende Koalitionsverhandlungen. Rechnerisch bliebe ohne die Grünen nur noch Schwarz-Rot übrig – umso teurer wird sich die SPD dann verkaufen. Eine zu frühe Festlegung kann also zu noch bittereren Kompromissen führen. Die CSU hat das 2023 in Bayern mit den Freien Wählern erlebt, als eine in Teilen eigenwillige Kabinettsbildung herauskam.
Veränderungen in der politischen Landschaft
Die Anti-Grün-Strategie ist vor allem dann problematisch, wenn sich Parteien wandeln. Was, wenn eine frustrierte SPD nach Scholz auf links kippt, eher Miersch als Pistorius? Und was, wenn sich bei den Grünen Pragmatiker gegen Ideologen durchsetzen, kluge Köpfe, wie sie die Partei in Kretschmann, Özdemir, Bayaz hat? Und wenn die Grünen in der Außenpolitik (Ukraine!) ein seriöserer Partner werden?
Der CSU-Parteitag in Augsburg
Auf dem CSU-Parteitag in Augsburg lässt sich das überspielen. Söder wird am Freitag sagen, dass er mit den Grünen nicht koalieren wird; Merz wird am Samstag sagen, dass er mit den Grünen nicht koalieren will. Emsiger Applaus der Delegierten wird diese Lücke vorerst überdecken. Die strategische Frage dahinter bleibt ungelöst.
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