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20.11.2024
05:25 Uhr

EU-Abwasserrichtlinie alarmiert deutsche Pharmaindustrie: Droht ein Exodus der Hersteller?

EU-Abwasserrichtlinie alarmiert deutsche Pharmaindustrie: Droht ein Exodus der Hersteller?

Die neue EU-Abwasserrichtlinie, die Anfang November in Kraft getreten ist, sorgt für massive Unruhe in der deutschen Pharmaindustrie. Die Neufassung der seit 1991 bestehenden Richtlinie sieht die verpflichtende Einführung einer vierten Klärstufe vor - ein Vorhaben, das die Pharmaunternehmen vor enorme finanzielle Herausforderungen stellen könnte.

Brüssels ambitionierte Pläne zur Wasserreinhaltung

Nach den Vorstellungen der EU-Kommission sollen bis 2035 alle Kläranlagen, die mehr als 100.000 Einwohner versorgen, mit einer zusätzlichen Reinigungsstufe ausgestattet werden. In Gebieten mit erhöhtem Risiko für Mikroschadstoffe würde diese Verpflichtung auch für Anlagen ab 10.000 Einwohnern gelten. Diese müssten bis Ende 2040 nachgerüstet werden.

Pharmaindustrie soll Hauptlast der Kosten tragen

Besonders brisant: Die EU-Kommission macht die Pharma- und Kosmetikindustrie für 92 Prozent der Mikroschadstoffe in Gewässern verantwortlich. Allein 66 Prozent sollen auf das Konto der Pharmaindustrie gehen. Entsprechend sollen diese Branchen mindestens 80 Prozent der Kosten für die neue Klärstufe übernehmen.

Massive Kostendiskrepanz zwischen Verbänden

Die Kostenprognosen gehen weit auseinander: Während der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) von Baukosten in Höhe von etwa vier Milliarden Euro ausgeht, rechnet der Verband Pharma Deutschland mit deutlich höheren Summen von bis zu 10,5 Milliarden Euro. Die jährlichen Betriebskosten würden sich zudem auf etwa 860 Millionen Euro belaufen.

Die Umsetzung der EU-Abwasserrichtlinie könnte zu einem "Tsunami an Engpässen" bei der Medikamentenversorgung führen, warnt der Verband ProGenerika.

Drohende Versorgungsengpässe und Produktionsverlagerungen

Die deutschen Pharmaunternehmen befürchten dramatische Folgen: Die zusätzlichen Kosten könnten die Produktion wichtiger Medikamente wie Diabetes- und Krebsmedikamente oder Antibiotika in der EU unwirtschaftlich machen. Im günstigsten Fall rechnet die Branche mit Mehrkosten von 13 Cent pro Medikamentenpackung - eine Verdopplung sei jedoch nicht ausgeschlossen.

Rechtliche Gegenwehr formiert sich

Die Pharmaindustrie plant, sich auch juristisch gegen die Richtlinie zu wehren. Unter Berufung auf ein Gutachten des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Udo di Fabio wird die unfaire Kostenverteilung als verfassungsrechtlich bedenklich eingestuft. Eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ist in Vorbereitung.

Diese neue Regulierung reiht sich ein in eine Serie von fragwürdigen EU-Vorgaben, die den Wirtschaftsstandort Deutschland zunehmend belasten. Die Gefahr einer weiteren Produktionsverlagerung ins außereuropäische Ausland erscheint vor diesem Hintergrund durchaus real - mit möglicherweise schwerwiegenden Folgen für die Versorgungssicherheit der deutschen Bevölkerung.

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