Größtes deutsches SiC-Halbleiterwerk vor dem Aus: Ein herber Rückschlag für die Industrie
In der deutschen Siliziumkarbid-Branche herrscht derzeit große Unsicherheit. Der US-amerikanische Hersteller Wolfspeed hat den Bau seines geplanten Werks in Ensdorf, Saarland, auf unbestimmte Zeit verschoben. Ursprünglich sollte der Bau im ersten Halbjahr 2023 beginnen, doch bis heute wurde kein Fortschritt erzielt. Der deutsche Partner ZF hat seine Minderheitsbeteiligung zurückgezogen, was die Zukunft des Projekts weiter gefährdet.
Finanzielle Unsicherheiten und hohe Kosten
Die Kosten für das geplante SiC-Werk werden auf 2,75 Milliarden Euro geschätzt – eine erhebliche Summe für ein solches Projekt. Wolfspeed hat in seinem letzten Quartalsbericht erklärt, dass der Bau erst beginnen werde, wenn die Zuschüsse von der Europäischen Union, der deutschen und der saarländischen Regierung gesichert seien. Diese Zuschüsse könnten jedoch frühestens im Geschäftsjahr 2026 gewährt werden. Das Geschäftsjahr 2025 von Wolfspeed endet im Juni 2025, was bedeutet, dass die Hauptinvestitionen erst danach erfolgen könnten.
Rückzug von ZF und Marktschwächen
Der deutsche Autozulieferer ZF hat sich inzwischen komplett aus dem Projekt zurückgezogen. Sein Anteil von 170 Millionen Euro wäre ohnehin überschaubar gewesen, doch dieser Rückzug stellt das gesamte Vorhaben infrage. Der Bau von Komponenten aus Siliziumkarbid gilt zwar als Wachstumsmarkt, doch die Branche kämpft derzeit mit einem Überangebot und niedrigen Preisen. Zahlreiche Hersteller weltweit, insbesondere aus China, haben ihre Produktionskapazitäten erhöht, was zu einem Preisdruck führt.
Weltweite Konkurrenz und interne Herausforderungen
Wolfspeed gehört zu den führenden Produzenten von SiC-Wafern und wollte im Saarland diese Wafer zu Leistungshalbleitern weiterverarbeiten. Doch der Markt für Elektroautos, einer der wichtigsten Abnehmer, schwächelt. Zudem plant der bisherige Großkunde STMicro eigene Produktionsstätten in Italien und hat ein Joint-Venture mit Sanan geschlossen. Dies könnte die Umsätze von Wolfspeed mittelfristig gefährden.
Zunehmende Konkurrenz aus Europa und Asien
Auch andere große Unternehmen wie Bosch und Infineon bauen ihre eigenen Produktionskapazitäten aus. Bosch betreibt bereits ein Werk in Reutlingen, Baden-Württemberg, und verarbeitet dort 150 mm große SiC-Wafer. Wolfspeed plante hingegen ein moderneres Werk für 200-mm-Wafer. Diese Konkurrenz verschärft die Lage für Wolfspeed zusätzlich.
Wirtschaftliche und politische Implikationen
Die Verzögerung und die Unsicherheiten rund um das SiC-Halbleiterwerk in Ensdorf werfen ein Schlaglicht auf die wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen in Deutschland. Die Abhängigkeit von staatlichen Zuschüssen und die Konkurrenz aus dem Ausland zeigen, dass die deutsche Industrie in einem schwierigen Umfeld agiert. Es bleibt abzuwarten, ob und wann das Projekt realisiert wird und welche Auswirkungen dies auf den Standort Deutschland haben wird.
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