Pandemie-Nachwehen: Übersterblichkeit könnte noch Jahre anhalten
Die Covid-19-Pandemie hat die Welt nachhaltig verändert und ihre Auswirkungen sind noch immer spürbar. Vier Jahre nach dem Ausbruch von Covid-19 hat die erhöhte Sterblichkeit in vielen Ländern weiterhin Bestand. Für die Versicherungswirtschaft ist die Pandemie keinesfalls Geschichte, sondern vielmehr ein Synonym für übermäßige Sterblichkeit.
Steigende Sterblichkeitsraten weltweit
In zahlreichen Ländern der Welt steigt die Sterblichkeit der Bevölkerung weiterhin an. Dieser Anstieg scheint weitgehend unabhängig von den jeweiligen Gesundheitssystemen und dem Gesundheitszustand der Bevölkerung zu sein. Die Mechanismen und Mortalitätsklassifikationen variieren stark zwischen den Ländern, was die Erfassung und Quantifizierung der Übersterblichkeit erschwert. Es ist wahrscheinlich, dass ein gewisses Maß an Übersterblichkeit nicht ausreichend gemeldet und somit statistisch erfasst wird.
Herausforderungen für die Versicherungswirtschaft
Die Quantifizierung der Übersterblichkeit stellt seit 2020 eine akute Herausforderung dar. Der Begriff "übermäßige Sterblichkeit" bezieht sich auf die Anzahl der Todesfälle, die über die erwartete Anzahl hinausgehen. Unterschiedliche Methoden zur Schätzung der erwarteten Mortalität können zu stark variierenden Übersterblichkeitsraten führen, was insbesondere für die Lebens- und Krankenversicherung eine erhebliche Herausforderung darstellt.
Das Swiss Re Institute prognostiziert, dass die Übersterblichkeit in den USA und Großbritannien in den nächsten zehn Jahren unter verschiedenen Szenarien anhalten könnte. Die Entwicklung der versicherten Bevölkerung spielt dabei eine zentrale Rolle. Sollten die derzeitigen Erwartungen übertroffen werden, könnte dies Auswirkungen auf die langfristigen Leistungen und die Preisgestaltung neuer Lebensversicherungen haben.
Langfristige Prognosen und Szenarien
Aktuelle Zahlen deuten darauf hin, dass die Übersterblichkeit bis heute anhält und möglicherweise noch im nächsten Jahrzehnt bestehen bleibt. Bevölkerungsprognosen gehen davon aus, dass die Übersterblichkeit in den USA bis 2033 allmählich auf 0 bis 3 % und im Vereinigten Königreich auf 0 bis 2,5 % zurückgehen wird. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 liegt die Übersterblichkeit in den USA bei 3 bis 7 Prozent und im Vereinigten Königreich bei 5 bis 8 Prozent.
In einem optimistischen Szenario könnte die pandemiebedingte Übersterblichkeit in den USA und Großbritannien bis 2028 verschwinden und die Sterblichkeit wieder auf das Niveau vor der Pandemie zurückkehren. In einem pessimistischen Szenario könnte die Übersterblichkeit bis 2033 erhöht bleiben.
Unterschiedliche Entwicklungen in den Ländern
Die Übersterblichkeit erreichte in den USA früh ihren Höhepunkt und ging danach rasch zurück. Im Vereinigten Königreich folgte auf den frühen Höhepunkt ein langsamerer Rückgang. Australien verzögerte seinen Höhepunkt um fast zwei Jahre und verzeichnete danach einen raschen Rückgang. Kanada erlebte im Jahr 2020 noch eine sehr niedrige Übersterblichkeit, die ihren Höhepunkt in den Jahren 2022 und 2023 erreichte, was einen langsamen Rückgang widerspiegelt. Diese Entwicklungsmuster korrelieren mit den Reaktionen der verschiedenen Länder auf Covid-19 und den jeweiligen Präventionsmaßnahmen.
Veränderte Todesursachen
Die Pandemie hat die Ursachen der überhöhten Sterblichkeit deutlich verändert. In den Industrieländern, die solche Daten melden, macht die respiratorische Mortalität jedes Jahr den größten Anteil an den zusätzlichen Todesfällen aus. Es gibt jedoch Hinweise auf Inkonsistenzen bei den Ursachen. In Deutschland war die Sterblichkeit seit Beginn der Pandemie deutlich höher als erwartet, was zu einem Rückgang der Ausgaben der Rentenversicherung führte.
Sowohl in den USA als auch im Vereinigten Königreich gab es einen unerklärten Anstieg der Todesfälle aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen seit 2020. Mehrere Länder berichteten auch über einen Anstieg der Sterblichkeit aufgrund anderer Haupttodesursachen wie Krebs, was möglicherweise auf eingeschränkte Krebsbehandlungen während der Pandemie zurückzuführen ist.
Langfristige Faktoren
Das Abklingen der Pandemie hat nicht unbedingt einen Rückgang der Übersterblichkeit zur Folge. Langfristig könnten Lebensstilfaktoren, die zu einer schlechteren metabolischen Gesundheit beitragen und zu Adipositas und Diabetes führen, die Übersterblichkeit weiter verstärken.
- Themen:
- #BIP