Prämien für Langzeitarbeitslose: Ifo-Chef Fuest sieht Potenzial für 100.000 Jobs
Die Bundesregierung erwägt eine Prämie von 1000 Euro für Langzeitarbeitslose, um diese wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Unterstützung für diesen Vorschlag kommt vom renommierten Ökonomen Clemens Fuest, Chef des Ifo-Instituts. Er sieht in dieser Maßnahme eine Chance, bis zu 100.000 neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Effektive Arbeitsanreize schaffen
Clemens Fuest betont, dass eine solche Anschubfinanzierung eine kostengünstige Methode sei, um Arbeitsanreize zu verbessern. Er argumentiert, dass es grundsätzlich zwei Wege gebe, um Arbeitsanreize für Bürgergeldempfänger zu schaffen: Entweder das Niveau des Bürgergeldes zu senken oder die Anrechnung eigener Einkünfte zu reduzieren. Letzteres könnte jedoch dazu führen, dass immer mehr Menschen in höheren Einkommensbereichen Anspruch auf Sozialleistungen hätten, was teuer wäre. Eine einmalige Prämie hingegen sei eine fiskalisch günstige Lösung, da die Menschen wieder in die Sozialkassen einzahlen und weniger Bürgergeld benötigen würden.
Gerechtigkeit und Effizienz
Auf die Frage, ob eine solche Prämie unfair gegenüber Geringverdienern sei, die keine staatliche Unterstützung erhalten, antwortet Fuest pragmatisch. Er betont, dass es nicht um Moral gehe, sondern um die Effektivität der Maßnahmen. Studien hätten gezeigt, dass eine Anschubfinanzierung ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis habe und effektive Wege finde, Menschen in Arbeit zu bringen.
Vermeidung von Missbrauch
Fuest warnt jedoch davor, eine komplett neue Leistung mit zusätzlicher Bürokratie einzuführen. Stattdessen sollte man die Anrechnungsregeln im bestehenden Bürgergeldsystem vorübergehend ändern, sodass Neueinsteiger im Arbeitsmarkt zeitlich befristet mehr von ihrem Einkommen behalten können. Wichtig sei es, Missbrauch auszuschließen, etwa durch Wartezeiten für erneute Ansprüche, um zu verhindern, dass Menschen zwischen Bürgergeld und Arbeit hin- und herwechseln, nur um die Prämie mehrfach zu kassieren.
Langfristige fiskalische Entlastung
Die genauen Kosten der Maßnahme seien schwer zu schätzen und hingen stark von der Ausgestaltung ab. Studien deuteten jedoch darauf hin, dass etwa 100.000 neue Arbeitsplätze entstehen könnten. Langfristig könnte dies den Staatshaushalt sogar entlasten, da diese Menschen Steuern und Sozialabgaben zahlen und weniger Sozialleistungen benötigen würden.
Sozialleistungen und Arbeitsanreize
Fuest sieht die Diskussion über die Anschubfinanzierung auch als ein Zeichen dafür, dass die Sozialleistungen in Deutschland die Arbeitsanreize erheblich einschränken. Ob diese zu hoch oder zu niedrig seien, sei letztlich eine politische Entscheidung. Fakt sei jedoch, dass es sich angesichts des Niveaus der Sozialleistungen für viele Menschen kaum noch lohne zu arbeiten.
Belastung durch neue Rentenpakete
Die Bundesregierung plant derzeit ein neues Rentenpaket, das weitere Auswirkungen auf die Höhe der Sozialabgaben haben wird. Fuest kritisiert, dass die Politik kein Rezept habe, um auf die Belastung der sozialen Sicherungssysteme durch den demografischen Wandel zu reagieren. Die Entscheidung, bestimmte Renten zu garantieren, ohne zu klären, wie das finanziert wird, verlagere die Last auf die jüngeren Generationen – entweder als Arbeitnehmer oder als Steuerzahler.
Wettbewerbsbeschränkung durch Tariftreuegesetz
Auch das geplante Tariftreuegesetz, das sicherstellen soll, dass öffentliche Aufträge nur an Unternehmen vergeben werden, die ihren Beschäftigten tarifübliche Löhne zahlen, sieht Fuest kritisch. Er bezeichnet es als Beschränkung des Wettbewerbs und eine Art Gewerkschaftszwang, der willkürlich erscheine. Es würde öffentliche Aufträge verteuern und die Effizienz der Vergabeverfahren reduzieren.
Insgesamt zeigt die Diskussion um die Prämie für Langzeitarbeitslose, dass es in Deutschland erheblichen Reformbedarf gibt. Die Politik muss Wege finden, um die Arbeitsanreize zu verbessern, ohne dabei die sozialen Sicherungssysteme weiter zu belasten. Eine einmalige Anschubfinanzierung könnte hierbei ein Schritt in die richtige Richtung sein.