Rüstungsunternehmen fordern weiteres Sondervermögen von der Ampelregierung
Die finanzielle Lage im Verteidigungssektor Deutschlands spitzt sich zu. Das im Jahr 2021 beschlossene Sondervermögen von über 100 Milliarden Euro, das als Reaktion auf den russischen Überfall auf die Ukraine eingerichtet wurde, ist nahezu vollständig aufgebraucht. Nun fordern führende Rüstungsunternehmen ein weiteres Sondervermögen, um die Bundeswehr angemessen modernisieren und ausbauen zu können.
Rüstungsfirmen drängen auf Investitionen
Unternehmen wie Rheinmetall und Airbus haben in den letzten Jahren Milliardenaufträge erhalten. Doch besonders mittelständische Betriebe aus der hoch spezialisierten Verteidigungswirtschaft kämpfen derzeit mit den gestiegenen Anforderungen. Kajetan von Mentzingen, CEO des schleswig-holsteinischen Unternehmens Vincorion, betont: „Wenn Deutschland die Bundeswehr im nötigen Umfang modernisieren und ausbauen will, brauchen wir ein weiteres Sondervermögen von 100 bis 200 Milliarden Euro.“
Investitionsdefizit und staatliche Unterstützung
Die finanzielle Unterstützung durch die KfW-Bank bleibt bisher weitgehend ungenutzt, obwohl diese bei Großaufträgen mit zinslosen Förderkrediten aushelfen könnte. Der Jahresbericht 2024 der Wehrtechnik-Unternehmen aus Schleswig-Holstein warnt vor einem Investitionsdefizit seitens des Bundes. „Das bereits verplante 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen Bundeswehr und der geringe Aufwuchs im geplanten Verteidigungshaushalt 2025 stellen die Zeitenwende und Verteidigungsfähigkeit infrage“, heißt es im Bericht.
Politische Diskussionen und Haushaltsverhandlungen
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) äußerte sich im Zuge der Haushaltsverhandlungen kritisch über den angestrebten Verteidigungsetat von 52 Milliarden Euro. „Wir müssen uns in der Bundesregierung noch einmal grundsätzlich darüber unterhalten, wie wir unsere Sicherheit gewährleisten wollen“, so Pistorius. Angesichts der weltweiten politischen Instabilität und des anhaltenden Krieges in der Ukraine sei das Budget seines Ministeriums nur minimal gestiegen.
Unsichere Zukunft der Verteidigungsausgaben
Deutschland erfüllt zwar in diesem Jahr erstmals die NATO-Vorgabe, mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigungsausgaben auszugeben. Doch wie der Bund dieses Niveau künftig halten will, bleibt unklar. „Nötig wären mindestens 2,5 bis drei Prozent“, erklärt von Mentzingen. Die SPD und die Grünen sehen eine Reform der Schuldenbremse als probates Mittel, um Deutschland zukunftsfähig zu machen, auch im Verteidigungsbereich.
Widerstand gegen Schuldenbremse-Reform
Das Bundesfinanzministerium unter Christian Lindner (FDP) lehnt eine Reform der Schuldenbremse kategorisch ab. Die Position der CDU bleibt spannend. Während die Partei aktuell die Haltung der FDP unterstützt, gibt es Stimmen, die diese Position als wahltaktische Finesse abtun. Die ehemalige Grünen-Chefin Ricarda Lang meinte, dass die CDU die Schuldenbremse unter einem Kanzler Friedrich Merz aufweichen könnte.
Alternative Finanzierungsmodelle
Stefan Kolev vom FPD-nahen Thinktank Ludwig-Erhard-Forum schlägt vor, einen „gesonderten Schuldentopf“ für den Verteidigungshaushalt einzurichten. Dafür könne man „mittelfristig ein bis zwei Feiertage“ streichen und das zusätzliche Steueraufkommen für die Rückzahlung verwenden. Dänemark habe diesen Weg erfolgreich eingeschlagen und plane, 2025 2,4 Prozent des BIP in die Verteidigung zu investieren.
Die Forderungen der Rüstungsunternehmen und die politischen Diskussionen zeigen deutlich, dass die Zukunft der deutschen Verteidigungsfähigkeit auf wackeligen Beinen steht. Ohne weitere Investitionen könnte die Bundeswehr bald nicht mehr in der Lage sein, den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden.