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04.07.2024
06:04 Uhr

Ukraine zu korrupt für Nato-Beitritt? Selenskyj international immer unbeliebter

Ukraine zu korrupt für Nato-Beitritt? Selenskyj international immer unbeliebter

Vor dem Nato-Gipfel in Washington kassiert der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj einen herben Dämpfer für seine militärpolitischen Ambitionen. Seine internationalen Beliebtheitswerte sinken ebenfalls drastisch.

Enttäuschung beim Nato-Gipfel

Selenskyj forciert bei seinen westlichen Alliierten baldige Nato-Beitrittsgespräche. Doch beim Gipfel in Washington wird man den ukrainischen Präsidenten wohl erneut enttäuschen. Medienberichten zufolge wurde Vertretern der ukrainischen Regierung nämlich mitgeteilt, das Land sei weiterhin zu korrupt, um dem westlichen Militärbündnis beizutreten – ein schwerer Schlag für Selenskyj und das politische Kiew.

Ein ranghoher Mitarbeiter des amerikanischen Außenministeriums, der anonym bleiben möchte, sagte dem britischen Telegraph, die Nato werde von Kiew „zusätzliche Schritte“ verlangen, bevor mögliche Beitrittsverhandlungen mit dem osteuropäischen Land auf die Agenda kommen.

Weitere Maßnahmen gegen Korruption gefordert

Zwar werde man die Ukraine für ihren Reformwillen im Bereich der Korruption während des Gipfels in Washington loben, allerdings müssten die ukrainischen Behörden weitere Maßnahmen in der Bekämpfung von Bestechlichkeit unternehmen. Das habe, so zitiert die Londoner Tageszeitung den Beamten, eine Priorität für die 32 Nato-Mitgliedsstaaten.

Präsident Selenskyj drängt – ob in öffentlichen Ansprachen, bei Pressekonferenzen oder bei vertraulichen Gesprächen mit westlichen Politikern – auf eine rasche Nato-Mitgliedschaft der Ukraine. Er erhofft sich durch die Bindung an das Militärbündnis eine abschreckende Wirkung gegenüber Russland sowie größeren Schutz vor zukünftigen Invasionen. Mit der Verfassungsänderung im Februar 2019 hat die Ukraine sogar die Mitgliedschaft in der EU und Nato zum Staatsziel mit Verfassungsrang erhoben.

Bericht: Trump plant Deal mit Putin, um Nato-Mitgliedschaft der Ukraine zu verhindern

Allerdings bleibt die Konstellation, dass sich die Ukraine in einem vollumfassenden Landkrieg befindet und die Korruption grassiert – zwei No-Gos für eine zeitnahe Nato-Mitgliedschaft. Wie der Telegraph berichtet, soll insbesondere die kriegsbedingte Korruption in den ukrainischen Kreiswehrersatzämtern für die Nato-Partner ein Dorn im Auge sein. Laut Transparency International belegt die Ukraine im Korruptionsindex von 2023 im globalen Vergleich den 104. Rang. Von allen derzeitigen Nato-Staaten steht lediglich die Türkei schlechter da, nämlich auf dem 115. Platz.

Selenskyjs Beliebtheit sinkt im internationalen Vergleich

Der ukrainische Präsident muss sich jedoch nicht nur mit den Anforderungen westlicher Staats- und Regierungschefs herumschlagen – auch seine Beliebtheitswerte im internationalen Vergleich sinken. Während dem 46-Jährigen laut verschiedensten Umfragen seit mehreren Monaten etwa 60 Prozent der Ukrainer vertrauen (während der ersten Kriegswochen im Frühjahr 2022 lag der Wert noch bei 90 Prozent), glauben im weltweiten Durchschnitt nur noch 40 Prozent, dass Selenskyj die richtigen Entscheidungen trifft. 46 Prozent trauen dem ukrainischen Staatschef nur noch sehr wenig oder überhaupt nicht mehr. Die Umfrageergebnisse veröffentlichte das Pew Research Center mit Sitz in Washington.

Vertrauensverlust in Polen und anderen Ländern

Insbesondere in Polen muss Selenskyj herbe Vertrauensverluste einstecken. „Der Anteil der Menschen, die Vertrauen in Selenskyj haben, unterscheidet sich in den Ländern Europas und Nordamerikas erheblich“, schreiben Mitarbeiter des amerikanischen Meinungsforschungsinstituts. Am stärksten vertrauen Selenskyj die Schweden (80 Prozent), Briten (72 Prozent), Niederländer und Kanadier (66 Prozent). Europaweit ist das Vertrauen in Selenskyj in Italien (39 Prozent), Griechenland (27 Prozent) und Ungarn (14 Prozent) am niedrigsten.

Das Vertrauen in den ukrainischen Präsidenten ist zudem im Vergleich zum Vorjahr in einigen Ländern deutlich zurückgegangen – vor allem im Nachbarland der Ukraine, in Polen. Unter den Polen vertrauen nur noch 48 Prozent Selenskyj. Im Vorjahr waren es noch 77 Prozent, also ein Minus von über einem Viertel. Auch in Südkorea (-15 Prozent) und Südafrika (-12 Prozent) ist das Vertrauen in den Ukrainer zweistellig gesunken. In Australien, Frankreich, den Niederlanden, Spanien, Schweden und den USA fällt der Vertrauensverlust gegenüber Selenskyj zwar geringer aus, das sei laut Autoren der Umfrage allerdings „immer noch statistisch signifikant“. Hierzulande schenken 54 der Befragten ihr Vertrauen an Selenskyj; 44 Prozent sehen ihn kritisch.

Politische Haltung beeinflusst Vertrauen in Selenskyj

Die Meinungen über Selenskyj unterscheiden sich außerdem je nach politischer Haltung in den verschiedensten Ländern. In den USA zum Beispiel drücken ihm Liberale doppelt so häufig ihr Vertrauen aus wie Konservative. Auch in Deutschland, Australien, Kanada, Ungarn, den Niederlanden und der Türkei vertrauen Selenskyj eher Menschen aus dem ideologisch linken Lager.

In mehreren Staaten ergibt sich jedoch ein konträres Bild: In Bangladesch, Brasilien, Kolumbien, Griechenland, Mexiko, Südkorea oder Spanien vertrauen eher Menschen mit konservativer Gesinnung dem ukrainischen Präsidenten als Personen, die linksliberale Parteien wählen.

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