Ursula von der Leyen vor entscheidender Hürde im Europaparlament

Am morgigen Donnerstag stellt sich Ursula von der Leyen, die erste Frau an der Spitze der mächtigen EU-Kommission, der Wahl im Europaparlament in Straßburg. Die 65-Jährige möchte für weitere fünf Jahre das Amt der Kommissionspräsidentin bekleiden. Doch ob sie die nötige Mehrheit erreichen wird, ist ungewiss.

Die Herausforderungen im Europaparlament

Obwohl die Europäische Volkspartei (EVP), zusammen mit den Sozialdemokraten und Liberalen, eine Mehrheit von gut 400 der 720 Sitze im Parlament hält, gibt es keinen Fraktionszwang und traditionell viele Abweichler. Daher hofft von der Leyen auf zusätzliche Stimmen von den Grünen. Der jüngst verkündete Boykott von Ungarn könnte ebenfalls eine Rolle in ihrem Wahlkampf spielen.

Europäische Parteienfamilien wie die Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen hatten von der Leyen in der Vergangenheit wiederholt aufgefordert, einen härteren Kurs gegenüber Ungarn einzuschlagen. Auf die Stimmen aus diesem Lager ist von der Leyen bei der Wahl angewiesen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat seine Unterstützung daran geknüpft, dass von der Leyen nicht mit dem gestärkten rechten Lager paktiert.

Widersprüchliche Interessen

Die FDP-Europaabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann lässt offen, ob sie und ihre Parteikollegen für eine Wiederwahl von der Leyen stimmen werden. Zwischen der CDU-Politikerin und der Liberalen-Fraktion habe es zwar konstruktive Gespräche gegeben, „aber die entscheidenden Dinge hat sie nicht beantwortet“, so Strack-Zimmermann. So habe die Kommissionspräsidentin nicht versprechen können, keine europäischen Gemeinschaftsschulden zu machen und das Verbrenner-Aus 2035 zurückzunehmen.

Ein langer Forderungskatalog

Der Forderungskatalog an von der Leyen ist lang: Ihre EVP dringt auf einen härteren Kurs in der Migrationspolitik und will Teile ihres Vorzeige-Klimaprojekts Green Deal abwickeln. Die FDP fordert eine Absage an neue Gemeinschaftsschulden, während Sozialdemokraten und Grüne überwiegend dafür sind. Wie von der Leyen diese widerstrebenden Interessen befriedigen will, wird sie im Fall einer Wiederwahl in ihrer Rede an die Union ausführen, die im September erwartet wird.

Von der Leyen als Krisenmanagerin

In ihrer ersten Amtszeit trat von der Leyen vor allem als Krisenmanagerin auf: erst in der Corona-Pandemie, dann im Krieg gegen die Ukraine. Ihrer Vorstellung einer „geopolitischen Kommission“ kam sie mit ihrer bedingungslosen Unterstützung für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj näher.

Die größte Herausforderung im neuen Mandat wird die Zusammenarbeit mit den USA sein. Immerhin kennt von der Leyen Donald Trump aus seiner ersten Amtszeit, und trotz aller Gegensätze scheint der 78-Jährige sie zu schätzen. Beim Wirtschaftsforum in Davos lobte er sie 2020 als „hoch respektierte Frau und harte Verhandlungsführerin“.

Ob Ursula von der Leyen die notwendige Mehrheit im Europaparlament erreichen wird, bleibt abzuwarten. Die Entscheidung am Donnerstag wird zeigen, ob sie ihre ambitionierten Pläne für Europa weiterverfolgen kann oder ob ein neuer Kandidat das Ruder übernehmen wird.