Grüner Wasserstoff: Ein Hoffnungsträger mit Tücken?
Der niederländische Umweltwissenschaftler Kiane de Kleijne hat in einer aktuellen Studie die CO₂-Bilanz von über tausend Wasserstoffprojekten untersucht und kommt zu einem ernüchternden Ergebnis. Grüner Wasserstoff, der als Hoffnungsträger zur Reduktion von Treibhausgasemissionen gilt, könnte bei genauerer Betrachtung nicht immer die gewünschten Effekte erzielen.
Hoher Energieaufwand bei Speicherung und Transport
De Kleijne erklärt, dass die Speicherung und der Transport von Wasserstoff mit einem hohen Energieaufwand verbunden sind, was die Klimabilanz erheblich schmälert. „Wenn man den gesamten Lebenszyklus der Produktion und des Transports berechnet, kann die CO₂-Bilanz enttäuschend sein“, so der Wissenschaftler. Besonders der Transport von grünem Wasserstoff über große Entfernungen trage stark zu den Gesamtemissionen bei, sodass ein Großteil der CO₂-Gewinne aus der Produktion an weit entfernten, günstigen Standorten zunichtegemacht werde.
Regionale Produktion als Lösung?
De Kleijne betont, dass grüner Wasserstoff nur dann wirklich zur Verringerung der Emissionen beitragen könne, wenn er „aus sehr sauberem Strom und in der Region hergestellt wird“. Der Transport über große Distanzen, etwa aus sonnenreichen Ländern wie Brasilien oder Namibia, sei zwar technisch möglich, aber mit erheblichen Emissionen verbunden.
Was ist „grüner“ Wasserstoff?
Grüner Wasserstoff wird durch die Aufspaltung von Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff mittels Elektrolyse mit grünem Strom hergestellt. Dieser Wasserstoff kann dann als Rohstoff oder Kraftstoff verwendet werden. Im Gegensatz dazu gibt es auch grauen Wasserstoff, der aus Erdgas erzeugt wird, sowie blauen, türkisen, orangen und pinken Wasserstoff, die jeweils auf unterschiedlichen Herstellungsverfahren basieren.
Die Kehrseite der Medaille
De Kleijne weist darauf hin, dass die derzeitigen Berechnungsmethoden, die die Grundlage für Vorschriften bilden, in der Regel nicht die Emissionen berücksichtigen, die bei der Herstellung von Wasserstoff anfallen, wie zum Beispiel Solarpaneele und Elektrolyseure, oder die Wasserstofflecks beim Transport. „Indem wir die Emissionen über den gesamten Lebenszyklus hinweg betrachten, können wir einen besseren Kompromiss zwischen den Technologien finden und feststellen, wo in der Kette Verbesserungen möglich sind“, schließt de Kleijne.
Industrieverlagerung als Option?
Eine der radikaleren Überlegungen von de Kleijne ist die Möglichkeit, einen Teil der Industrie zu verlagern. „Was ist wichtig, um in den Niederlanden und Europa zu produzieren? Und wann ist es vielleicht besser, eine Industrie in einen anderen Teil der Welt zu verlagern?“ Diese Fragen könnten in Zukunft immer relevanter werden, wenn es darum geht, die CO₂-Bilanz zu optimieren und gleichzeitig wirtschaftliche Interessen zu wahren.
Die Studie von Kiane de Kleijne und seinen Kollegen erschien am 21. Juni 2024 in der Fachzeitschrift „Nature Energy“ und wirft ein kritisches Licht auf die oft gepriesene Technologie des grünen Wasserstoffs. Es bleibt abzuwarten, wie Politik und Wirtschaft auf diese neuen Erkenntnisse reagieren werden.
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