
Politisches Taktieren in Wien: Österreich bekommt erstmals Drei-Parteien-Regierung - FPÖ trotz Wahlsieg ausgebootet
In einer bemerkenswerten politischen Rochade wurde am Montag in Österreich eine neue Regierungskoalition vereidigt, die das traditionelle Zwei-Parteien-System des Alpenlandes sprengt. In einem durchsichtigen Manöver haben sich ÖVP, SPÖ und die liberalen Neos zusammengeschlossen, um den eigentlichen Wahlsieger FPÖ von der Macht fernzuhalten.
Establishment vereint sich gegen den Volkswillen
Die Österreichische Volkspartei (ÖVP) hat sich nach monatelangem Taktieren mit den Sozialdemokraten und den wirtschaftsliberalen Neos auf eine Koalition geeinigt. Der 64-jährige ÖVP-Chef Christian Stocker wurde als neuer Bundeskanzler vereidigt, während der SPÖ-Vorsitzende Andreas Babler das Amt des Vizekanzlers übernimmt. Die Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger erhielt das Außenressort - ein deutliches Signal für die pro-europäische Ausrichtung der neuen Regierung.
Demokratischer Wählerwille missachtet?
Besonders brisant erscheint die Tatsache, dass die FPÖ, die bei den Parlamentswahlen im September mit knapp 29 Prozent als stärkste Kraft aus den Urnen hervorging, komplett außen vor bleibt. Dies könnte bei vielen Wählern den bitteren Nachgeschmack einer demokratischen Missachtung hinterlassen.
Van der Bellens fragwürdige Europa-Vision
Bei der Vereidigungszeremonie nutzte Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Gelegenheit, seine Vision eines "neuen Miteinanders" in Europa zu präsentieren. Seine Äußerung, die EU sei eine "wirtschaftliche Weltmacht", erscheint angesichts der aktuellen Wirtschaftsdaten und der zunehmenden Deindustrialisierung allerdings mehr als Wunschdenken denn als Realität.
Herausfordernde Zeiten für die neue Koalition
Die neue Regierung steht vor gewaltigen Herausforderungen: Die Arbeitslosenzahlen steigen, das Staatsdefizit klafft bedrohlich und die Migrationskrise bleibt ungelöst. Die angekündigten Sparmaßnahmen für 2025 und 2026 dürften die soziale Spannung im Land weiter erhöhen.
"Die Zeiten, in denen wir nun leben, sind schon einmal weniger herausfordernd gewesen", räumte Van der Bellen in seiner Ansprache ein - eine Untertreibung angesichts der multiplen Krisen.
Für den 81-jährigen Bundespräsidenten Van der Bellen ist das politische Personalkarussell nichts Neues mehr - in seiner achtjährigen Amtszeit hat er bereits rund 200 Regierungsmitglieder vereidigt. Ob diese neue Konstellation mehr Stabilität bringen wird als ihre Vorgänger, bleibt abzuwarten. Die Ausgrenzung der stärksten politischen Kraft könnte sich als demokratiepolitischer Bumerang erweisen.

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