Schweizer Banker wegen Geldern von Putin-Vertrautem verurteilt
In einem aufsehenerregenden Fall hat ein Schweizer Berufungsgericht vier Banker schuldig gesprochen, die Gelder aus dem Umfeld des russischen Präsidenten Wladimir Putin verwaltet haben sollen. Die Mitarbeiter der sich in Abwicklung befindlichen Schweizer Tochter der russischen Gazprombank hätten es versäumt, zu prüfen, ob das Geld auf den Konten des russischen Musikers Sergey Roldugin tatsächlich ihm gehörte.
Urteil und mögliche Berufung
Das Gericht verhängte gegen die Banker bedingte Geldstrafen von bis zu 330.000 Franken. Ein Sprecher der Gazprombank-Schweiz erklärte, dass die Angeklagten vor möglichen weiteren Schritten zunächst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten wollten. Sie erwögen, Berufung einzulegen. Die nächste Instanz wäre dann das Bundesgericht, das höchste Schweizer Gericht.
Hintergrund der Konten
Im Jahr 2014 wurden bei der Gazprombank in Zürich zwei Konten eröffnet, für die Roldugin als wirtschaftlich Berechtigter angegeben wurde. Medienberichten zufolge ist der Cellist und Dirigent auch Patenonkel einer der Töchter Putins. Kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine wurde er auf die Sanktionsliste der Schweiz gesetzt. Laut dieser Liste ist Roldugin in Moskau als „Putins Brieftasche“ bekannt.
Handlung mit Vorsatz
Zwei der drei Richter sprachen sich für einen Schuldspruch aus. Sie kamen zu dem Schluss, dass die Angeklagten vorsätzlich unterlassen hätten, zu prüfen, wer der wirtschaftlich Berechtigte an den Konten sei, die aus Dividenden eines russischen Medienunternehmens gefüllt worden waren. Der vorsitzende Richter betonte, dass die Beteiligung Roldugins an dem Medienunternehmen über 100 Millionen Franken wert gewesen sein müsse. Bis 2016 sei Roldugin weitgehend unbekannt gewesen. „Auch in St. Petersburg kann man nicht auf die Schnelle so viel Geld verdienen. Abklärungen oder Plausibilisierungen wären da geboten gewesen.“
Strohmann-Finanzierung?
Die Behauptung, dass die Beteiligung an der Medienfirma durch Löhne und Kredite finanziert worden sei, erachtete der Richter nicht als plausible Erklärung. „Das könnte auf eine Strohmann-Finanzierung hindeuten.“ Es gehe in dem Fall nicht um die Frage, wem die Gelder gehörten und ob sie aus illegalen Quellen stammten, sondern ob die geforderten Abklärungen gemacht worden seien. Banken in der Schweiz sind verpflichtet, Geschäftsbeziehungen abzulehnen oder zu beenden, wenn ernsthafte Zweifel an der Identität des Vertragspartners bestehen.
Keiner Schuld bewusst
Die vier Männer hatten sämtliche Vorwürfe bestritten und Freisprüche gefordert. Es habe keinen Anlass gegeben, an der wirtschaftlichen Berechtigung Roldugins zu zweifeln. Der Gazprombank-Sprecher warnte vor Auswirkungen auf den Schweizer Bankenplatz, falls das Urteil rechtskräftig werde. Denn das Urteil des Obergerichts stelle die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtes in Frage. „Für Finanzinstitute auf dem Schweizer Bankenplatz ist so kaum mehr abzuschätzen, welche Anforderungen an die strafrechtlich relevanten Sorgfaltspflichten bei Bankgeschäften bestehen, damit sie auch einer juristischen Beurteilung standhalten.“
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