Ungarn stellt Sieben-Punkte-Programm für EU-Präsidentschaft ab 1. Juli vor
Am 1. Juli übernimmt Ungarn turnusmäßig für sechs Monate den Vorsitz im Kreis der EU-Mitgliedstaaten. Das Programm der EU-Ratspräsidentschaft der Regierung von Viktor Orbán wurde nun finalisiert und veröffentlicht. János Bóka, der für EU-Angelegenheiten zuständige Minister, erklärte auf einer Pressekonferenz am 18. Juni in Budapest, dass Ungarn den rotierenden EU-Vorsitz in einer „Ausnahmesituation“ übernehmen werde.
Krisenmanagement im Fokus
„Krieg, globaler Wettbewerb, eine fragile Sicherheitslage, Migration, Klimawandel und demografische Herausforderungen werden ganz Europa herausfordern“, so Minister Bóka. Der Zeitpunkt, an dem Ungarn den Vorsitz übernimmt, sei besonders, da er mit der institutionellen Erneuerung des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission und des Europäischen Rates zusammenfällt. Ungarn ist auch das letzte Mitglied des spanisch-belgisch-ungarischen Präsidentschaftstrios. Nach sechs Monaten wird das polnisch-dänisch-zypriotische Trio den Vorsitz von Ungarn übernehmen.
Ministerpräsident Viktor Orbán wird am Freitag nach Berlin reisen, um das Programm mit Bundeskanzler Olaf Scholz zu diskutieren. „Während unserer Präsidentschaft müssen wir vor allem für Frieden und Sicherheit in Europa sorgen“, erklärte Minister Bóka die Priorität der ungarischen Regierung.
Die wichtigsten Zielsetzungen
Die ungarische Regierung hat die wichtigsten Ziele des Ratsvorsitzes in sieben Punkten zusammengefasst:
- Eine neue Vereinbarung zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und des Wirtschaftswachstums der EU.
- Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie und Innovation sowie die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der Beschaffung von Verteidigungsgütern.
- Entwicklung externer Partnerschaften zum Schutz der Außengrenzen und zur Bekämpfung der Ursachen der Migration.
- Förderung der Landwirte zur Sicherstellung der Ernährungssicherheit in Europa.
- Erzielung von Fortschritten im Bereich der EU-Erweiterung.
- Einleitung einer strategischen Debatte über die Zukunft der Kohäsionspolitik.
- Setzen demografischer Fragen auf die Tagesordnung in allen Formen und Foren.
Mehr diplomatischer Dialog erforderlich
Die ungarische Regierung ist der Meinung, dass in Brüssel mehr diplomatischer Dialog erforderlich sei. Außenminister Péter Szijjártó hat diese Ansicht letzte Woche anhand eines konkreten Beispiels verdeutlicht. Im Vorfeld des EU-Ratsvorsitzes kündigte er bei einem Besuch in Laos an, dass Ungarn auch mit Laos, das derzeit den Vorsitz im Verband Südostasiatischer Nationen (ASEAN) innehat, kooperieren werde. Während der ungarischen Präsidentschaft soll der verhandlungsorientierte Ansatz in Brüssel gestärkt werden. Dies sei besonders wichtig zur Lösung bewaffneter Konflikte, betonte Szijjártó.
„Angesichts des Krieges in der Ukraine und anderer weltweiter Konflikte ist es entscheidend, dass ASEAN und die EU dieselbe Botschaft senden: Die Lösung liegt nicht auf dem Schlachtfeld, sondern am Verhandlungstisch“, so der Außenminister.
Eine konservative Perspektive
Es bleibt abzuwarten, wie effektiv Ungarns konservative und pragmatische Ansätze während ihrer Präsidentschaft umgesetzt werden können. Die Betonung auf Sicherheit, wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und die Stärkung traditioneller Werte könnte ein Modell für die Zukunft der EU darstellen, das sich auf Stabilität und den Schutz der europäischen Identität konzentriert.
Während die Herausforderungen groß sind, scheint die ungarische Regierung entschlossen, ihre Ziele zu erreichen und die EU durch diese turbulente Zeit zu führen. Kritiker mögen Zweifel an den Methoden und Prioritäten der ungarischen Präsidentschaft äußern, doch die kommenden Monate werden zeigen, ob Ungarns Ansatz die gewünschte Stabilität und Sicherheit bringen kann.