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08.10.2024
06:20 Uhr

Der Wettlauf um die Mondzeit: USA und China kämpfen um Zeithoheit auf dem Erdtrabanten

Der Wettlauf um die Mondzeit: USA und China kämpfen um Zeithoheit auf dem Erdtrabanten

Die Einführung einer eigenen Zeitzone für den Mond könnte die Raumfahrt revolutionieren und die geopolitische Landschaft nachhaltig beeinflussen. Wie die South China Morning Post berichtet, arbeiten sowohl die USA als auch China an der Etablierung jeweils eigener Zeitsysteme für den Mond. Diese Entwicklung könnte entscheidend für zukünftige Mondmissionen sein und stellt die Frage, wer die lunare Zeithoheit gewinnen wird.

Warum der Mond eine eigene Zeit benötigt

Bisher gab es kein einheitliches Zeitsystem für den Mond. Während des Kalten Krieges nutzten Mondmissionen die Zeit ihres jeweiligen Heimatlandes, da dies aufgrund der Singularität und Einfachheit der Missionen kein Problem darstellte. Auch heute noch verwenden Missionen eigene Zeitskalen, die an die koordinierte Weltzeit (UTC) gebunden sind. Diese Methode hat zwar bisher funktioniert, könnte jedoch problematisch werden, wenn mehrere Raumfahrzeuge zusammenarbeiten müssen.

Die Uhren auf der Erde und auf dem Mond gehen aufgrund der unterschiedlichen Gravitationsfelder unterschiedlich schnell. Nach Angaben der NASA ticken Atomuhren auf der Mondoberfläche 56 Mikrosekunden pro Tag schneller als auf der Erde. Dies mag zunächst unbedeutend erscheinen, könnte jedoch bei zeitkritischen Manövern zu erheblichen Problemen führen. Zudem ist die Einführung eines lunaren Satellitennavigationssystems ohne lokale Zeitmessung wenig aussichtsreich.

Der Wettlauf zwischen USA und China

Die Idee zur Einführung einer Mondzeit existiert bereits seit Längerem. 2022 hat die Europäische Raumfahrtagentur (ESA) den Vorschlag erneut vorangetrieben. Die von US-Seite vorgeschlagene "koordinierte Mondzeit" (LTC) soll von den Unterzeichnern der von den USA geleiteten Artemis-Abkommen übernommen und als internationaler Standard dienen. Die Zahl der Unterzeichner des Artemis-Abkommens ist auf 43 gestiegen, aber China und Russland sind nicht dabei.

Beijing verfolgt gemeinsam mit Moskau und 11 weiteren Ländern mit der Internationalen Mondforschungsstation (ILRS) ein eigenes Projekt. Bis 2035 will China die ILRS als permanente Basis am Südpol des Mondes errichten. Im Rahmen dieses Projekts hat China angekündigt, bis 2028 eine eigene Zeitzone auf dem Mond einzurichten und Kommunikations- sowie Internetkapazitäten bereitzustellen.

Chinas ambitionierte Pläne

Forscher haben verschiedene Roadmaps für die Entwicklung einer Satellitenkonstellation für den Mond vorgeschlagen, die eine entscheidende Rolle bei der Positionierung, Navigation und Zeitmessung im Raum zwischen der Erde und der Mondumlaufbahn spielen würde. Diese Konstellation würde sich am chinesischen Navigationssystem Beidou orientieren. Ein Team des Beijing Institute of Spacecraft System Engineering schlug im Juni vor, ein Netzwerk von 21 Satelliten in eine Umlaufbahn um den Mond zu bringen, um künftige Missionen mit hochpräziser Echtzeit-Navigation zu unterstützen.

Wessen System setzt sich durch?

Es scheint sicher, dass es zunächst mindestens zwei unterschiedliche Zeitsysteme auf dem Mond geben wird. Stand heute ist jedoch nicht bekannt, inwiefern sich die Zeitstandards für Artemis und die Partnerländer der ILRS unterscheiden werden. Es könnte also sein, dass die Uhren auf dem Mond trotz unterschiedlicher Standards jeweils dieselbe Zeit anzeigen. Genauso ist jedoch denkbar, dass Chinas Taikonauten und US-Astronauten künftig in verschiedenen Zeitzonen leben werden.

Die Festlegung von Zeitstandards war in der Geschichte immer auch ein Symbol von politischer Macht und Einfluss. Das Beispiel der Greenwich Mean Time als globaler Standard verdeutlicht dies. Die Entscheidung von 1884, den Nullmeridian durch das Gelände des Royal Observatory im britischen Greenwich verlaufen zu lassen, spiegelte die damalige Dominanz Großbritanniens in Navigation, Handel und Wissenschaft wider. Das Rennen um den künftigen lunaren Zeitstandard ist also eröffnet. Welches System sich durchsetzen wird – oder ob es zu einer langfristigen Koexistenz beider Standards kommt – kann tatsächlich nur die Zeit selbst zeigen.

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