Jürgen Stark kritisiert die EZB: "Zu viele Hobbys lenken vom Kernmandat ab"
Jürgen Stark, der frühere Chefökonom der Europäischen Zentralbank (EZB), äußerte in einem Interview scharfe Kritik an der aktuellen Ausrichtung der EZB. Er bemängelte, dass die Zentralbank sich zu sehr mit Themen wie Klimawandel und Gender-Fragen beschäftige, was vom eigentlichen Mandat, der Preisstabilität, ablenke.
Inflation und Zinspolitik
Stark zeigte sich besorgt über die jüngsten Entscheidungen der EZB, insbesondere die Zinssenkung im Juni. Obwohl die Daten damals nicht für eine Zinssenkung sprachen, habe die EZB diese dennoch durchgesetzt. Für die Sitzung am 12. September sei ein weiterer Zinsschritt sehr wahrscheinlich, obwohl die Inflationsrate noch nicht das Ziel von 2 Prozent erreicht habe und die Löhne im Euro-Raum weiter steigen.
Volatile Teuerung und Marktreaktionen
Die Gesamtinflation sei gesunken, doch die hohe Inflation bei den Dienstleistungen bereite weiterhin Sorgen. Beobachter an den Finanzmärkten erwarteten weitere Zinssenkungen im September und Dezember sowie im neuen Jahr. Stark halte diese Erwartungen jedoch für übertrieben und warnte vor einer Reaktivierung der Forward Guidance, die in der Vergangenheit nicht gut funktioniert habe.
Staatsschulden und politische Unsicherheiten
Ein weiteres Thema, das Stark ansprach, war die Entwicklung der Staatsschulden in der Euro-Zone, insbesondere in Frankreich und Italien. Diese Länder hätten ihre Verschuldung ausgeweitet, was den Euro belaste. Die Stabilität der Währungsunion hänge derzeit im Wesentlichen von den AAA-Ratings Deutschlands, der Niederlande und Luxemburgs ab. Eine Herabstufung Deutschlands sei jedoch nicht zu befürchten, solange Frankreich keine finanzielle Unterstützung benötige.
EZB als "Master of the Universe"
Stark kritisierte auch die Rolle der EZB während der Schuldenkrise, als sie durch Staatsanleihekäufe verwundbare Länder unterstützte. Diese Interventionen hätten nicht nur fiskalische, sondern auch ökonomische Kosten verursacht, da nicht lebensfähige Unternehmen durch die extrem tiefen Zinsen am Leben gehalten worden seien. Dies habe Kapital gebunden, das für rentablere Investitionen nicht zur Verfügung stand.
Draghi und die Zukunft der EU
Der frühere EZB-Präsident Mario Draghi stellte kürzlich einen Bericht vor, der Investitionen von bis zu 800 Milliarden Euro jährlich fordert, um im Wettbewerb mit den USA und China zu bestehen. Stark zeigte sich skeptisch gegenüber Draghis Vorschlag, gemeinsame Anleihen in der EU zu begeben. Dieses Konzept sei fehlgeleitet und führe nur zu höheren Schulden, ohne die strukturellen wirtschaftlichen Probleme zu lösen.
Transferunion und Demokratiekrise
Stark warnte vor einer schleichenden Verwandlung der Euro-Zone in eine Transferunion. Das laufende Programm Next Generation EU sei ein entscheidender Schritt in diese Richtung. Er betonte, dass die Menschen mehr Ehrlichkeit und Integrität von ihren politischen Führungsfiguren erwarten und die Entscheidungen von oben nach unten nicht mehr akzeptieren würden.
Die Rolle der EZB im Klimawandel
Abschließend kritisierte Stark, dass die EZB zu viele Ressourcen für den Kampf gegen den Klimawandel und andere Themen wie Gender-Fragen und Einkommensverteilung verwende. Dies lenke die Zentralbank von ihrem Kernmandat der Preisstabilität ab und mache sie zu einem politischen Spieler, dessen Unabhängigkeit angreifbar werde.
Der digitale Euro und die Gefahr des gläsernen Bürgers
Stark äußerte Bedenken hinsichtlich des digitalen Euro, der zu einer stärkeren Entmündigung der Bürger durch die Abschaffung des Bargeldes führen könnte. Obwohl die EU-Kommission und die EZB versichern, dass die Abschaffung des Bargeldes nicht geplant sei, erschließe sich der Sinn eines digitalen Euro nicht sofort.
Insgesamt zeichnete Stark ein besorgniserregendes Bild der aktuellen Lage der EZB und der Euro-Zone. Seine Kritikpunkte spiegeln eine tiefe Skepsis gegenüber den aktuellen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen wider.
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