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10.10.2024
20:33 Uhr

Kritik an Lauterbachs Krankenhausreform: Experten warnen vor Sicherheitsrisiken

Kritik an Lauterbachs Krankenhausreform: Experten warnen vor Sicherheitsrisiken

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant eine umfassende Krankenhausreform, die unter anderem unnötige Betten reduzieren soll. Doch Experten schlagen Alarm: Die Kapazitäten könnten in Zukunft dringend benötigt werden, insbesondere im Falle militärischer Konflikte. Das deutsche Gesundheitssystem sei derzeit nicht auf solche Szenarien vorbereitet.

Emotionale Rede von Generaloberststabarzt Hoffmann

Ralf Hoffmann, Befehlshaber des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr, äußerte sich bei einer Veranstaltung der Bundesärztekammer in Berlin besorgt. „Ich fühle mich bedroht als Bürger und als Soldat der Bundesrepublik Deutschland. Wir leben nicht mehr in sicheren Zeiten“, sagte Hoffmann. Der Titel der Veranstaltung lautete: „Bedingt abwehrbereit? Die Patientenversorgung auf den Ernstfall vorbereiten“.

Experten diskutierten, wie sich das deutsche Gesundheitssystem auf mögliche Katastrophen wie einen Nato-Bündnisfall, Terroranschläge oder Cyberangriffe rüsten sollte. Ralph Tiesler, Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, rechnete vor, dass im Bündnisfall täglich etwa 1000 zusätzliche Patienten in Kliniken versorgt werden müssten. Hinzu kämen mögliche Angriffe auf Kliniken, die die Stromversorgung oder das IT-Netz lahmlegen könnten.

Widersprüchliche Pläne und fehlende Krisenfestigkeit

Bundesgesundheitsminister Lauterbach hatte im März eine „Zeitenwende im Gesundheitswesen“ ausgerufen und betont, dass Deutschland sich nicht nur für künftige Pandemien, sondern auch für große Katastrophen und militärische Konflikte besser aufstellen müsse. Doch mehr als sieben Monate später hat Lauterbach noch keinen entsprechenden Gesetzentwurf präsentiert. Stattdessen soll eine Krankenhausreform verabschiedet werden, die die Frage der Krisenfestigkeit völlig ausklammert.

Geplant ist, einen Teil der Kliniken zu fusionieren oder zu schließen, um die Überversorgung abzubauen und die Kosten im stationären Bereich zu dämpfen. Diese Widersprüchlichkeit kritisiert Kerstin von der Decken (CDU), Gesundheitsministerin in Schleswig-Holstein. „Wenn ein zusätzlicher Bedarf von 10.000 Betten für den Bündnisfall berechnet worden ist, muss man das jetzt schon bei der Krankenhausreform berücksichtigen“, so von der Decken.

Kritik an fehlenden Reservekapazitäten

Generaloberststabarzt Hoffmann fordert, dass Lauterbach die sicherheitspolitischen Herausforderungen in seiner Reform mitberücksichtigen solle. In Nachbarländern, in denen der Prozess der Effizienzsteigerung bereits durchlaufen sei, gebe es keinerlei Reserven mehr, 100 Prozent der Betten seien planerisch belegt. Dies würde zu einer Konkurrenzsituation zwischen militärischen und zivilen Patienten führen. „Nötig ist es daher, schon jetzt die 10.000 Betten vertraglich festzuhalten“, so Hoffmann.

Weitere Schwachstellen im Krisenmanagement

Bei der Veranstaltung wurden auch andere Schwachstellen bei der Vorbereitung auf mögliche Katastrophen beklagt. Tiesler kritisierte, dass es bisher keinen beim Bund angesiedelten gemeinsamen Krisenstab gebe. Dieser dürfe nicht erst dann eingerichtet werden, wenn die Krise schon voll im Gange sei.

Susanne Johna, Vorsitzende des Marburger Bundes, kritisierte ausbleibende Katastrophenschutz-Übungen in Krankenhäusern. Diese fänden nicht statt, weil ein Tag weniger Patientenversorgung zu finanziellen Einbußen führe. „Zeit kostet Geld, und das Geld ist nicht da“, so Johna. Vertreter der ambulanten Ärzteschaft führten an, dass sie bei den Planungen überhaupt nicht berücksichtigt würden.

Die Fragen, die an diesem Donnerstagmittag diskutiert wurden, zeigen, dass sich viele im Gesundheitswesen Gedanken machen und teilweise nervös werden. Gesundheitsminister Lauterbach will nun sein ursprünglich für den Sommer angekündigtes Gesetz zur Krisenvorbereitung im Herbst vorstellen – die Krankenhausreform ist dann voraussichtlich schon in Kraft.

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