Scholz stellt seine Rolle bei Ausgangssperren anders dar als im Frühjahr 2021
Fehler in der Corona-Politik eingeräumt
Im ARD-Sommerinterview hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Fehler in der Corona-Zeit eingeräumt. Obwohl er sich einst selbst für Ausgangssperren ausgesprochen hatte, erklärte er nun, dass er diesen Ansatz seinerzeit „nicht verstanden“ habe. Eine Entschuldigung blieb jedoch aus.
Widersprüchliche Aussagen zur Ausgangssperre
Scholz, der sich heute kritisch zu einigen Maßnahmen äußert, hatte im Frühjahr 2021 als Bundesfinanzminister und Vizekanzler unter Angela Merkel (CDU) die Ausgangsbeschränkungen noch vehement verteidigt. In der ZDF-Talkshow „Maybrit Illner“ bezeichnete er diese als „hilfreich, gut und richtig“ und als eine „große Erleichterung“ für viele Bürger. Verfassungsjuristen in Innen- und Justizministerien hätten den Schritt überprüft, und Scholz zeigte sich überzeugt, dass die Ausgangsbeschränkung helfen würde.
Unverständnis über bestimmte Maßnahmen
Im aktuellen Sommerinterview äußerte Scholz sein Unverständnis über einige der damals getroffenen Maßnahmen. „Warum man zu bestimmten Zeiten nicht draußen spazieren gehen konnte, wenn man eine Maske trug und niemandem begegnete, im Wald, das hab‘ ich nicht verstanden. Und das, glaub‘ ich, hätte nicht sein müssen.“ Mittlerweile gebe es „zu Recht“ Gerichtsurteile, die bestimmte Ausgangssperren ab einer bestimmten Uhrzeit kritisiert hätten.
Impfpflicht und politmedialer Druck
Scholz begründete sein Eintreten für eine allgemeine Impfpflicht weiterhin mit dem Fremdschutz. Er zeigte sich „ganz froh“, dass sich die Debatte um die Impfpflicht „relativ schnell verflüchtigt“ habe. Dennoch hatte es in Deutschland einen beispiellosen politmedialen Druck auf jene Bürger gegeben, die sich nicht impfen lassen wollten. Für Gesundheitspersonal und in der Bundeswehr wurde eine Impfpflicht eingeführt, bei einem Nein drohte häufig der Verlust des Arbeitsplatzes.
Wandel der Position zur Impfpflicht
Interessanterweise hatte Scholz noch wenige Wochen vor der Bundestagswahl 2021 versprochen, keine Impfpflicht einführen zu wollen. Nach dem Wahlsonntag wurde er jedoch zu einem Verfechter dieser Maßnahme. Im Januar 2022 forderte ihn Eugen Brysch, der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, zur Umkehr auf, doch Scholz blieb hart. Am 7. April 2022 scheiterte der Versuch der Regierung Scholz, Bürger über 60 Jahren kraft Gesetzes zur Impfung zu zwingen, lediglich daran, dass die stärkste Oppositionsfraktion, CDU und CSU, einen eigenen Antrag für ein Impfvorsorgegesetz eingebracht hatten.
Aufarbeitung der Corona-Politik
Scholz betonte im Sommerinterview, dass es nicht an der Zeit sei, das Thema Corona „abzuhaken“, sondern darüber zu diskutieren, was daraus gelernt werden könne. Er zeigte sich offen für die Idee, Bürgerräte mit der Aufarbeitung zu beauftragen, um nicht nur Experten und Abgeordnete zu Wort kommen zu lassen. Stimmen aus der FDP und der Union sprachen sich jedoch für eine Enquete-Kommission des Bundestags aus, während AfD und BSW einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss fordern.
Einigkeit herrscht jedoch darüber, dass juristische Konsequenzen für etwaige Versäumnisse oder Rechtsübertretungen politisch Verantwortlicher nicht zu erwarten sind. ARD-Moderator Markus Preiß zeigte im Sommerinterview Verständnis für die Situation der verantwortlichen Politiker und betonte, dass es ihm um den Blick von heute gehe, nicht um die Perspektive von damals.