Selenskyj: Gebietsabtretungen nur mit Erlaubnis des Volkes
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in einem Interview mit der französischen Zeitung „Le Monde“ klargestellt, dass Gebietsabtretungen im Zuge einer möglichen Friedenslösung mit Russland nur mit Zustimmung des ukrainischen Volkes erfolgen könnten. „Sie müssen verstehen, dass jede Frage, die die territoriale Integrität der Ukraine betrifft, nicht von einem Präsidenten, einer einzigen Person oder von allen Präsidenten der Welt ohne das ukrainische Volk gelöst werden kann“, erklärte Selenskyj.
Verfassungsrechtliche Hürden
Artikel 73 der ukrainischen Verfassung sieht vor, dass Änderungen der territorialen Grenzen nur durch ein landesweites Referendum möglich sind. Im Verfassungsartikel 133 sind alle Gebiete einschließlich der von Russland beanspruchten Halbinsel Krim und den Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja aufgeführt. Für Verfassungsänderungen ist eine Zweidrittelmehrheit im Parlament erforderlich.
Russland am Verhandlungstisch
Selenskyj betonte, dass Russland bei künftigen Friedensverhandlungen mit am Tisch sitzen sollte. „Wenn alle Russland am Verhandlungstisch sehen wollten, dann könne die Ukraine nicht dagegen sein“, sagte er. Der ukrainische Präsident hofft derzeit auf die Erlaubnis, militärische Ziele in Russland mit amerikanischen und europäischen Langstreckenraketen anzugreifen. „Leider haben unsere Partner derzeit noch Angst davor“, fügte er hinzu.
Militärische Unterstützung und Herausforderungen
Selenskyj lobte die Flugabwehr seines Landes und forderte deren Ausbau. „Allein vergangene Nacht haben sie fast 90 „Shaheds“ (Kamikaze-Drohnen) abgeschossen, das ist ein beachtliches Ergebnis“, sagte er in seiner abendlichen Videoansprache. Er forderte weitere Flugabwehr-Systeme sowie die Erlaubnis der westlichen Partner, die von ihnen gelieferten schweren Waffen wie Raketen und Marschflugkörper gegen Ziele wie Militärflughäfen auf russischem Staatsgebiet einzusetzen.
Russischer Druck im Osten
Derweil erhöhen die russischen Truppen im Osten der Ukraine den Druck auf die Verteidiger und rücken vorwärts. Wie der Generalstab in Kiew in seinem täglichen Lagebericht mitteilte, wurden die ukrainischen Stellungen bei Torezk und Pokrowsk wiederholt beschossen. Russische Militärs haben schon seit einiger Zeit einen Schwerpunkt an diesem Frontabschnitt im Donbass gesetzt, um die ukrainischen Linien zu durchstoßen und wichtige Versorgungslinien zu erobern.
Spekulationen über F-16-Kampfjets
In der Ukraine wird spekuliert, dass die ersten Kampfjets des amerikanischen Typs F-16 bereits eingetroffen sein könnten. Eine offizielle Bestätigung aus Kiew blieb jedoch bislang aus. Auch die Verteidigungsministerien in den Niederlanden und Dänemark, deren Regierungen sich bereit erklärt hatten, der Ukraine die Jets zur Verfügung zu stellen, wollten sich vorerst nicht offiziell äußern. Ukrainische Piloten wurden in den vergangenen Monaten in beiden Ländern an den Maschinen ausgebildet.
Forderung nach weiteren Patriot-Systemen
Selenskyj fordert weitere Patriot-Systeme und betonte die Notwendigkeit eines starken Verteidigungsnetzwerks. „Beim NATO-Gipfel wurde bekräftigt, dass der Prozess der Lieferung der F-16 voranschreite“, sagte John Kirby, der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates in den USA. Neben Dänemark und den Niederlanden haben auch Belgien und Norwegen dem ukrainischen Militär Kampfflugzeuge vom Typ F-16 zugesagt. Insgesamt soll Kiew knapp 60 Maschinen erhalten.
Während die ukrainischen Truppen weiterhin unter starkem Druck stehen, bleibt die Frage der Gebietsabtretungen ein zentrales Thema. Selenskyj macht deutlich, dass ohne die Zustimmung des ukrainischen Volkes keine territoriale Entscheidung getroffen werden kann. Dies zeigt einmal mehr die komplexe und angespannte Lage, in der sich die Ukraine befindet.
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