BGH entscheidet über Urteil gegen ehemaligen Weimarer Familienrichter Dettmar
Fast genau vor einem Jahr verurteilte das Landgericht Erfurt den ehemaligen Weimarer Familienrichter Christian Dettmar wegen Rechtsbeugung. Dagegen legte seine Verteidigung Revision ein. Mit Spannung blickt man nun nach Karlsruhe, in einem der seltenen Fälle, bei dem in der Bundesrepublik Deutschland ein Richter vor dem obersten Gericht für Zivil- und Strafverfahren steht.
Hintergrund des Falls
Im April 2021, während der Corona-Pandemie, untersagte der damalige Familienrichter des Amtsgerichts Weimar per einstweiliger Anordnung den Schulleitungen und Lehrkräften zweier Schulen die Durchführung einzelner Corona-Maßnahmen. Dettmar sah das Kindeswohl durch das Maskentragen, das Einhalten von Mindestabständen und das Durchführen von Corona-Schnelltests gefährdet.
Diese Entscheidung sorgte bundesweit für Schlagzeilen und führte zu Hausdurchsuchungen bei Dettmar und mindestens acht weiteren Personen seines Umkreises. Viele sahen darin einen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit.
Urteil des Landgerichts Erfurt
Das Landgericht Erfurt verurteilte Dettmar im August 2023 wegen Rechtsbeugung zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Staatsanwaltschaft forderte eine dreijährige Haftstrafe ohne Bewährung, während Dettmars Verteidigung einen Freispruch verlangte. Dettmars Verteidiger Gerhard Strate kündigte unmittelbar nach der Urteilsverkündung an, Revision einlegen zu wollen.
Die Bedeutung der Entscheidung
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) könnte weitreichende Folgen für die Unabhängigkeit der Richterschaft in Deutschland haben. Sollte der BGH die Revision ablehnen, wäre Dettmar rechtskräftig verurteilt und automatisch aus dem Richteramt entfernt. Jede Strafe von mehr als einem Jahr – auch auf Bewährung – schließt den Richterdienst aus.
Kritische Stimmen
Rechtsexperten sind sich uneinig über den Ausgang des Verfahrens. Elisa Hoven und Frauke Rostalski, Professorinnen für Strafrecht an den Universitäten Leipzig und Köln, sehen keine Straftat in Dettmars Handlungen. Ein Sprecher des Netzwerks Kritische Richter und Staatsanwälte äußerte gegenüber „Tichys Einblick“: „Es handelt sich unseres Erachtens um einen krassen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit.“
Dettmars Verteidigung
Dettmar selbst betonte vor Gericht, dass es für ihn als Familienrichter eine „blanke Selbstverständlichkeit“ sei, Fälle von Kindeswohlgefährdung an das Familiengericht heranzutragen. Er habe das Verfahren nicht initiiert, sondern die Kindesmutter habe die Angelegenheit von sich aus an das Familiengericht herangetragen.
Sein Verteidiger Strate zeigte sich überrascht vom Urteil des LG Erfurt und erklärte, dass man fest mit einem Freispruch gerechnet habe. „Wir hatten fest mit einer Freisprechung von Herrn Dettmar gerechnet, weil die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft unsinnig waren,“ so Strate.
Ausblick
Nun bleibt abzuwarten, wie der Bundesgerichtshof entscheiden wird. Die Entscheidung könnte ein Präzedenzfall für die Unabhängigkeit der Justiz in Deutschland werden und weitreichende Konsequenzen für die Rechtsprechung und die richterliche Unabhängigkeit haben.
In einer Zeit, in der die politische und gesellschaftliche Landschaft in Deutschland zunehmend polarisiert ist, könnte dieses Urteil eine Signalwirkung haben. Es bleibt zu hoffen, dass die Entscheidung des BGH im Sinne der Rechtsstaatlichkeit und der Unabhängigkeit der Justiz getroffen wird.
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